Förderung einer Zweitausbildung durch das Arbeitsamt / Arbeitsagentur

Hilft die Arbeitsagentur bei einer Zweitausbildung finanziell?
Hilft die Arbeitsagentur bei einer Zweitausbildung finanziell?

Eine Frage, die in Bezug auf eine zweite Ausbildung immer wieder vorkommt ist, ob die Agentur für Arbeit diese als Umschulung fördern kann. Grundsätzlich ist diese Frage mit ja zu beantworten, aber danach kommt ein großes „ABER“.

Denn auch wann das Arbeitsamt Zweitausbildungen fördern kann, heißt das nicht, dass es das auch muss. Vielmehr liegen Förderungen im Ermessensspielraum Ihres persönlichen Betreuers bei der Agentur für Arbeit.

Ein einklagbarer Anspruch besteht somit nicht, das Ermessen hängt vielmehr von vielen Faktoren ab. Das sind unter anderem Ihr bisher erlernter und ausgeübter Beruf, die Arbeitsmarktsituation für Ihren Beruf in der Region, Ihr Gesundheitszustand in Verbindung mit dem Beruf bzw. Ihre Gründe für den Wunsch zu wechseln, die Erfolgsaussichten dieses Wechsels, die Motivation des Arbeitsamtes und nicht zuletzt auch die persönliche Chemie zwischen Ihnen und Ihrem Betreuer. Gehen wir die Punkte der Reihe nach durch.

 

Ihr Beruf

Haben Sie einen Beruf erlernt, der Ihnen sowohl in Ihrer Region als auch überregional gute Einstellungschancen gibt, so wird Ihr Betreuer einer Förderung der Zweitausbildung eher nicht zustimmen. So werden zum Beispiel KFZ-Mechatroniker bundesweit überall gesucht, sowohl in Großstädten als auch auf dem Land gibt es flächendeckend Stellen. Ähnliches gilt, wenn Sie Bürokauffrau, Versicherungskaufmann oder Krankenschwester sind – diese Berufe sind überall gesucht, Sie sind ohne weiteres in den Arbeitsmarkt zu integrieren, gegebenenfalls durch einen Umzug, der für Sie zumutbar ist.

Die Agentur für Arbeit hat also keinerlei Motivation, für Sie Geld in die Hand zu nehmen. Haben Sie dagegen einen extrem seltenen oder gar aussterbenden Beruf, zum Beispiel Buchbinder oder Küfner, dann wird das Arbeitsamt Ihnen sicher eher behilflich sein.

 

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt

Zunächst wird Ihr Betreuer versuchen, Sie in Ihrer Region zu vermitteln. Wenn Sie also selbst in der Suchmaske der Agentur für Arbeit und auch gerne über andere Jobportale belegen können, dass weit und breit nichts zu finden ist, zugleich aber auch belegen, dass in Ihrem Wunschberuf Stellen frei sind, sind Ihre Chancen deutlich höher, dass Ihre Zweitausbildung gefördert wird. Es ist allerdings kann auch ein Umzug für Sie zumutbar sein, wenn es anderswo Stellen für Ihren aktuellen Beruf gäbe. Auch hier ist vieles wieder Ermessenssache und hängt außerdem von Ihrer sonstigen Situation ab.

Wenn Sie verheiratet sind und Kinder und ein Haus haben, kranke oder alte Angehörige pflegen oder Ihr Partner in der Region einen festen Job hat, werden Sie wohl eher nicht zum Umziehen aufgefordert. Wenn Sie allein und ungebunden sind, dann sieht die Situation wohl anders aus.

 

Warum wollen Sie eine Zweitausbildung beginnen?

Wenn Sie eine Ausbildung zum Bäcker haben, aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Bäcker arbeiten können, zum Beispiel wegen Mehlstauballergie, wird Ihnen die Agentur für Arbeit fast sicher bei einer Zweitausbildung helfen. Genauso dürfte vermutlich der trockene Alkoholiker umschulen, der bisher als Kellner und Barkeeper gearbeitet hat, seine Rückfallgefahr in die Suchtkrankheit des Alkoholismus wäre viel zu hoch.

Die Gesundheit des Arbeitnehmers ist auch für die Arbeitsagentur wichtiger als seine sofortige Rückintegration in den Arbeitsmarkt. Besser Sie erlernen eine neue Qualifikation, die Sie auf Dauer nachhaltig in Lohn und Brot hält, als Sie arbeiten kurzfristig in einem Job, der Sie auf Dauer krank macht und damit für Sie und das Gemeinwesen noch teurer kommt als die Zweitausbildung. Wichtig ist allerdings: Die gesundheitliche Beeinträchtigung müssen Sie belegen können durch Diagnosen Ihres Hausarztes oder von Spezialisten, im Falle der Mehlstauballergie zum Beispiel eines Allergologen.

Wenn Sie andererseits wechseln wollen, weil es Ihnen in Ihrem alten Job nicht (mehr) gefällt oder weil Sie während der Ausbildung schlechte Leistungen abgeliefert haben, dann interessiert das die Agentur für Arbeit nicht besonders, das ist im Klartext Ihr eigenes Problem. Wenn Sie dann etwas neues machen möchten, ist es Ihr Privatvergnügen und die Agentur für Arbeit wird nicht motiviert sein, Sie dabei zu unterstützen.

 

Ihre Erfolgsaussichten beim Wechsel

Wichtig ist auch, dass Sie Ihren Betreuer beim Arbeitsamt davon überzeugen können, dass Ihr beruflicher Wechsel und die nötige Zweitausbildung erfolgsversprechend sind. Dies können Sie zum Beispiel dadurch belegen, dass Sie bereits einen Betrieb angeben können, der Sie nach Ihrer Zweitausbildung einstellen möchte. Eine mündliche Aussage reicht aber wiederum nicht, Sie sollten es Ihrem Betreuer schon schriftlich geben können.

Ein weiteres Argument kann zum Beispiel ehrenamtliches Engagement sein, gerade beim Wunsch zum Wechsel in soziale Berufe ein wichtiger Faktor, der Ihre Motivation zeigt. Oder Sie haben sich bereits lange hobbymäßig mit der Materie beschäftigt, schrauben zum Beispiel gerne an Autos herum und wollen nun die Zweitausbildung zum KFZ-Mechatroniker machen. Auf diese Weise zeigen Sie Ihrem Betreuer, dass die zweite Ausbildung Erfolgspotenzial hat.

 

Die Motivation der Agentur für Arbeit

Grundsätzlich müssen Sie sich klarmachen, dass Sie etwas von der Arbeitsagentur wollen. Das bedeutet, Sie müssen Ihren Betreuer überzeugen und um dies zu tun, ist es hilfreich, sich in seine Situation hineinzuversetzen. Ihr Betreuer hat zuallererst das Ziel, seine Kunden mit möglichst geringem finanziellem Aufwand wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Er hat nicht nur Sie als Kunden, sondern auch viele andere Arbeitssuchende, die oft schon viel länger als Sie arbeitslos sind und zumeist wahrscheinlich ungleich schlechter qualifiziert sind. Er oder sie bekommt von vielen seiner Kunden den ganzen Tag Ausreden zu hören und wird deshalb tendenziell eher misstrauisch sein.

Argumentieren Sie deshalb kristallklar, höflich in der Form und belegen Sie Aussagen wo immer Sie nur können mit schriftlichen Beweisen, zum Beispiel Auszügen aus dem Jobportal oder dem Schreiben Ihres künftigen Ausbildungsbetriebes. Daran kann sich Ihr Betreuer festhalten und das befähigt ihn eher zu einer Entscheidung als vage mündliche Zusagen.

 

Ihr Auftreten und Ihr Verhältnis zu Ihrem Betreuer

Nicht zuletzt sollten Sie auf Ihr eigenes Auftreten achten, denn wie schon gesagt, Sie wollen etwas von Ihrem Betreuer. Kleiden Sie sich bei Ihren Terminen also korrekt, verhalten Sie sich höflich und zurückhaltend und bleiben Sie selbst im Fall von Meinungsverschiedenheiten verbindlich.

Die Mitarbeiter der Agentur für Arbeit werden oft beschimpft oder sogar bedroht und das macht sie nicht kooperativer. Denken Sie daran, dass auf der anderen Seite des Schreibtischs auch ein Mensch sitzt und verhalten Sie sich dementsprechend. Ihr Betreuer wird es Ihnen mit Kooperation und Hilfsbereitschaft danken, denn höfliche Kunden stellen für Ihn zumeist leider die Ausnahme dar.

 

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8 Gedanken zu „Förderung einer Zweitausbildung durch das Arbeitsamt / Arbeitsagentur“

  1. Hallo Paulien,

    Solange Sie eingeschriebene Studentin sind, können Sie sich von der Agentur für Arbeit bzw. vom Jobcenter nicht viel erhoffen, da Sie „nicht dem Arbeitsmarkt“ zur Verfügung stehen. Wenn Sie nicht mehr Studentin sind, wird sich die Frage stellen, ob es Ihnen an ausreichender Qualifikation für den Arbeitsmarkt mangelt. Ausgangspunkt einer staatlichen Förderung ist die Erforderlichkeit einer neuen Qualifizierung. Dass Sie nicht in Ihrem gewählten Berufsfeld arbeiten wollen, ist nicht maßgeblich.

    Wir sind keine Experten für das Thema Bafög. Aus diesem Grund verweisen wir Sie lieber an eine entsprechende Beratungsstelle, bei der Sie die Frage klären lassen sollten, ob Sie mit dem aktuellen Bafög eine Umorientierung ermöglichen können. Allerdings erhalten Sie ja während der Ausbildung zur Ergotherapeutin ein Gehalt von 1000-1300 Euro, je nach Ausbildungsjahr, was Ihnen mit staatlichen Leistungen verrechnet werden würde…

    Wir wünschen Ihnen alles Gute!

  2. Hallo!

    Ich bin 25 Jahre alt und habe ein abgeschlossenes Studium (Ethnologie und Geographie) und grade meinen Master angefangen (Umweltforschung). Für beides erhalte ich, bzw. habe ich Bafög erhalten. Jedoch kann ich mir nun nicht wirklich vorstellen, in dem Bereich zu arbeiten, da ich den Arbeitsmarkt nicht sehr attraktiv finde.

    Ich würde mich nun gern umorientieren und eine Ausbildung zur Ergotherapeutin beginnen. Da diese ja aber Vollzeit ist, bin ich auf die Bezahlung (entweder durch die Ausbildung selbst, was nicht von jeder übernommen wird) oder extern angewiesen. Haben Sie Ideen, wie ich eine finanzielle Unterstützung für eine Zweitausbildung erhalten kann?

    Vielen Dank!

  3. Hallo,

    Ich kann in Unterstützung mit meinem Jetzigen Arbeitgeber eine Umschulung zum Fachinformatiker für Systemintegration machen. Original habe ich Koch gelernt aber diese Arbeit seit 2014 nicht mehr ausgeübt. Seitdem arbeite ich in der IT Branche als Quereinsteiger.

    Nun wäre mein Modell das ich meine Arbeitsstunden von 40 auf 30 reduziere und vormittags in eine Teilzeitumschulung gehe.

    Gibt es fördermöglichkeiten für die Einkommenseinbußen? Mit den Einbußen kann ich gerade genau Lebenshaltungskosten decken. Mir würde es nicht akut schlecht gehen aber es bleibt halt kein Geld über um auch nur für Lebensqualität zu sparen. Dies würde in meinen Augen die Qualität der Ausbildung vermindern (da ich ja auch Freizeiteinbußen habe dadurch.

    Ist für diese Situation eine Förderung möglich oder eher weniger? Würde ungern Geld auf dem Tisch liegen lassen wie man es so sagt.

    Und wenn… Was für Anträge sind für meine Situation den die richtigen?

  4. Hallo Holger,

    vielen Dank, dass Sie sich nochmals gemeldet haben und schön, dass es wenigstens irgendwie vorangeht!
    Wir hoffen, dass zeitnah zu Ihren Gunsten entschieden wird.

  5. Guten Tag,

    die Agentur hat jetzt in meinem Sinn geantwortet. Sie hat zwar meinen Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Jedoch hat sie in der Begründung mit Verweis auf §57 Abs. 2 SGB III erklärt, dass die zweite Berufsausbildung nicht förderungswürdig ist. Mit der Wohngeldstelle hatte ich vereinbart, dass sie das Verfahren wieder aufnehmen, wenn ich eine entsprechende Antwort des Arbeitaamts vorweisen kann. Das ist nunmehr geschehen und ich erwarte den Bewilligungsbescheid der Wohngeldstelle. Man muss dabei bedenken, dass es von der ersten Antragstellung bis heute mehr als ein halbes Jahr gedauert hat.
    Mit freundlichen Grüßen
    Holger

  6. Vielen Dank für Ihre Antwort. Das bestärkt mich in meinem Vorgehen. Ich muss eine Korrektur vornehmen. Auf Grund der Corona-Pandemie war ich in den Jahren 2020 und 2021 zeitweilig arbeitslos gemeldet, insgesamt 10 Monate. Die Arbeitsmarkt-Situation ist heute aber eine andere, bzw. war es zu Beginn meiner Ausbildung im Oktober 2022.

  7. Hallo Holger,

    ja, Sie sollten gegen die Entscheidung der Agentur für Arbeit vorgehen. Hätten Sie nach unserer Einschätzung gefragt, ob Sie in Betracht kommen für eine geförderte Umschulung, hätten wir wie Sie das ausgeschlossen. Legen Sie schriftlich Widerspruch gegen die Entscheidung ein und verlangen Sie eine Begründung, warum Ihre Ausbildung förderungsfähig gewesen sein sollte. Zählen Sie nochmals den Sachverhalt auf, dass Sie weder arbeitslos noch von Arbeitslosigkeit bedroht waren, keine gesundheitlichen oder ökonomischen Gründe bestanden, die Sie zu einem Wechseln aus der Hotellerie gezwungen hätten.

    Halten Sie uns gerne auf dem Laufenden über den weiteren Verlauf.

    Wir drücken Ihnen die Daumen und wünschen Ihnen viel Erfolg bei den nächsten Schritten!

  8. Guten Tag,

    Ich bin 35 Jahre, habe eine Ausbildung als Hotelfachmann abgeschlossen und war seit 2014 in diesem Beruf tätig. Nachdem ich eine verkürzte Ausbildung zum Pflegehelfer gemacht habe, befinde ich mich jetzt in der Zweitausbildung als Pflegefachkraft.

    Ich habe Wohngeld beantragt. Leider musste ich zuvor bei der Agentur für Arbeit einen Antrag auf BAB stellen. Die Agentur hat meine zweite Ausbildung für förderungsfähig befunden. Da mein Gehalt als Azubi aber über der Grenze liegt, erhalte ich keine Förderung.

    Da meine zweite Ausbildung von der Agentur grundsätzlich als förderungsfähig bewertet wurde, lehnt auch die Wohngeldstelle meinen Antrag ab, da ich nicht zu den Personen zählen würde, die Anspruch auf Wohngeld haben.

    Tatsächlich erfüllt meine zweite Ausbildung aber nach meiner Einschätzung nicht die Kriterien für eine Förderung seitens der Agentur für Arbeit. Ich würde jederzeit als Hotelfachmann Arbeit finden und es gibt auch keinerlei gesundheitliche Probleme, die mich zu einem Berufswechsel gezwungen hätten. Die Einstufung meiner Zweitausbildung als förderungsfähig ist aus meiner Sicht falsch und macht die Zahlung von Wohngeld unmöglich. Kann ich dagegen vorgehen?

    Mit freundlichen Grüßen
    Holger

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