
Wenn Sie bereits eine abgeschlossene Ausbildung haben und nun aus privaten Gründen den Beruf wechseln wollen, wird die Finanzierung nicht ganz einfach. Zum Beispiel sind Sie Fleischereifachverkäuferin und wollen nun ins Bäckerhandwerk wechseln. Ihr bisheriger Arbeitgeber wird keinen Grund haben, Ihnen behilflich zu sein, einen neuen Arbeitgeber und Ausbilder müssen Sie erstmal finden.
Auch öffentliche Stellen werden in diesem Fall kein Interesse daran haben, Ihnen zu helfen, denn Sie haben ja einen Beruf und sind in den Arbeitsmarkt integriert. Warum sollte die Öffentlichkeit, also der Steuerzahler, dafür zahlen, dass Sie nun etwas anderes machen wollen? Einfach gesprochen: Ein Berufswechsel aus privaten Gründen ist auch Ihr Privatvergnügen, das Sie selbst privat finanzieren. Das heißt, Sie müssen sich einen neuen Ausbildungsbetrieb suchen, der willens ist, Sie einzustellen und auszubilden.
Während der Ausbildung erhalten Sie die normale Vergütung für Auszubildende, die je nach Branche vielleicht nicht einmal reicht, die privaten Lebenshaltungskosten zu decken. In diesem Fall müssen Sie sich von den Eltern oder dem Partner helfen lassen. Wenn gar keine weiteren Einkommen in der Familie sind, können Sie außerdem gegebenenfalls Arbeitslosengeld II (ALG II) beantragen, welches besser als Hartz IV bekannt ist. Auch weitere Sozialleistungen wie Wohngeld können für Sie in Frage kommen, wenn Sie wenig genug verdienen. Die Gehälter während der Berufsausbildung divergieren stark, so können angehende Bankkaufleute von Anfang an locker das doppelte zum Beispiel von Friseurinnen verdienen. Entscheidend ist also Ihre individuelle Situation.
Wichtig ist noch, kündigen Sie ihr altes Arbeitsverhältnis auf jeden Fall erst, wenn Sie ihren neuen Ausbildungsbetrieb gefunden haben und einen von beiden Seiten unterschriebenen Ausbildungsvertrag in den Händen halten. Wenn Sie kündigen, ohne etwas neues zu haben, stehen Sie sonst auf einmal ohne Job da und erhalten zunächst von der Agentur für Arbeit eine Sperrzeit von zwei bis drei Monaten, weil Sie selbst gekündigt haben.
Wechsel des Ausbildungsberufs aus gesundheitlichen Gründen
Bisher ging es um eigene, privat motivierte Berufswechsel, bei denen Sie schlechte Karten haben, Ihre Zweitausbildung von der Öffentlichkeit gefördert zu bekommen. Etwas anderes sind Berufswechsel aus gesundheitlichen Gründen. Ein klassisches Beispiel ist der Bäcker, der wegen Mehlstauballergie nicht mehr seinen eigentlichen Beruf ausüben kann. Möglich sind auch psychische Schwierigkeiten zum Beispiel in Pflegeberufen, die zur Arbeitsunfähigkeit führen. In diesem Falle gibt es Möglichkeiten der Förderung durch die Agentur für Arbeit. Diese fallen dann aber eher in die Kategorie „Umschulung“ und sind daher eher nicht als zweite Ausbildung zu betrachten.
Berufsbegleitende Zweitausbildungen
Förderung durch den Arbeitgeber
Wenn Sie bereits eine abgeschlossene Ausbildung haben und darauf aufbauend eine weitere Ausbildung beginnen wollen, kann es gut sein, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen die Ausbildung zumindest teilweise finanziert. Gerade für mittelständische Betriebe ist es interessant, sich so den Führungsnachwuchs für die Firma intern heranzuziehen, anstatt auf dem Arbeitsmarkt nach teuren externen Spezialisten zu suchen. Beispiele hierfür können zum Beispiel sämtliche wirtschaftlich orientierten Ausbildungsberufe sein, zum Beispiel Bankkaufmann oder Industriekauffrau.
Hier bieten Fernuniversitäten, Berufsakademien und auch diverse IHKs (Industrie- und Handelskammern) berufsbegleitende Lehrgänge und sogar Studiengänge an, mit denen Sie sich zum Beispiel einen MBA (Master of Business Administration) erwerben können, der Sie zu Management- und Führungsaufgaben befähigt. Ihr Arbeitgeber wird sicher daran interessiert sein, Sie fortzubilden, damit Sie Ihre Aufgaben besser erfüllen können oder in Zukunft befähigt werden, in andere Aufgaben hineinzuwachsen.
Auch der Oberkellner in einem Sternelokal, der eine Zusatzausbildung zum Bier- oder Weinsommelier macht, ein Kursus, der unter anderem von der IHK angeboten wird, kommt zum Beispiel für eine Finanzierung durch den Arbeitgeber in Frage, denn die Zusatzausbildung befähigt ihn, die Gäste in ihrer Getränkeauswahl besser zu beraten und schafft damit einen Mehrwert für das Restaurant. Allerdings handelt es sich hier eher um eine Fortbildungsmaßnahme als um eine zweite Ausbildung, die Grenzen zwischen beiden fließen aber.
Studium als zweite Ausbildung – Finanzierung durch BAföG oder Bildungskredit
Wenn Sie nun ein Studium zusätzlich zu bisherigen Ausbildung anstreben, kommt für Sie möglicherweise eine Förderung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) in Frage. Dies muss je nach Einzelfall geprüft werden. So gibt es eine Altersgrenze von 30 Jahren, bei Masterstudiengängen 35 Jahren, Sie müssen deutscher Staatsangehöriger oder in Deutschland wohnhafter Ausländer sein und müssen einen förderungsfähigen Studiengang belegen. Dies kann zum Beispiel ein Masterstudiengang sein, wenn Sie bereits einen Bachelor haben. Es gibt diverse weitere Kriterien, deshalb sollten Sie sich auf jeden Fall beraten lassen. Nehmen Sie sich dafür genügend Zeit und stellen Sie Ihren Antrag frühzeitig, die Bearbeitung nimmt einige Zeit in Anspruch. Weitere Infos zum BAföG gibt es bei BAföG Aktuell.
Sollten alle Stricke reißen und Sie kein BAföG bekommen, versuchen Sie es mit einem Stipendium oder einem Bildungskredit. Als allerletzte Finanzierungsmöglichkeit können Sie auch einen Studienkredit in Erwägung ziehen, der allerdings erhebliche Zinskosten verursacht.
Fazit: Es gibt viele Möglichkeiten, eine Zweitausbildung zu finanzieren. Letzten Endes ist jeder Einzelfall anders. Analysieren Sie also Ihre Situation und lassen Sie sich beraten, um eine für Sie ideale Lösung zu finden.