Wer erst einmal ein Medizinstudium abgeschlossen hat und als Arzt tätig ist, möchte diesen Beruf nie mehr aufgeben? Diese Vorstellung haben Außenstehende häufig, wenn es um den Arztberuf geht. Doch tatsächlich gestaltet sich der Arbeitsalltag der Mediziner häufig ganz anders, als diese es sich als Studierende vorgestellt haben.
Der Wechsel des Berufes sollte gut geplant werden, aber auch rechtzeitig erfolgen. Denn wer an seinem Job keine Freude hat, liefert auf Dauer nicht mehr die gewünschte und notwendige Leistung. Doch was gilt es zu beachten, wenn man als Arzt einen beruflichen Neuanfang sucht?
Raus aus der Medizin?
Zuerst stellt sich die Frage, ob der Bereich Medizin überhaupt noch das richtige Betätigungsfeld ist. Die Möglichkeiten allein innerhalb der Medizin sind ausgesprochen groß. Eine andere Klinik, ein anderer Fachbereich, der Wechsel in eine Rehabilitationseinrichtung oder ein Pharmaunternehmen, die Niederlassung als Arzt mit einer eigenen Praxis, die Beteiligung an einer Gemeinschaftspraxis oder der Wechsel in eine Behörde (z.B. Gesundheitsämter) sind nur einige der Optionen, die ein Arzt grundsätzlich hat.
Auch größere Konzerne beschäftigen Ärzte in Abteilungen für Gesundheitsmanagement oder Arbeitssicherheit. Ein Berufswechsel muss also längst nicht mit einer neuen Ausbildung verbunden sein. Schließlich investieren gerade Medizinstudierende sehr viel Zeit und Geld in ihr Studium. Dieser Aufwand rechtfertigt es, zunächst einmal andere Jobs als Mediziner zu suchen.
Neue Gebiete erobern
Tatsächlich ist es so, dass viele Mediziner ihre Anstellung irgendwann im Laufe des Lebens aufgeben oder auch direkt nach dem Studium einen anderen Weg einschlagen. Ein Universitätsabschluss im Fach Medizin öffnet verschiedene Türen. So zum Beispiel im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Journalismus. Die Zugangskriterien für diese Berufe sind kaum geregelt und die für eine Anstellung notwendigen Dinge bestimmt der potentielle Arbeitgeber.
Die themenspezifischen Fachkenntnisse können die Bewerber dank Studium und eventuell Berufserfahrung vorweisen und neue, tätigkeitsrelevante Fähigkeiten meist schnell erlernen. In welche Richtung sich wechselwillige Ärzte orientieren hängt nicht zuletzt auch von ihren privaten Interessen oder besonderen Kenntnissen ab. So erfreuen sie sich auch in der medizinischen Informatik großer Beliebtheit.
Dank des zunehmenden Kostendrucks im Gesundheitswesen sind auch Unternehmensberatungen zu guten Arbeitgebern avanciert. Wer das Klinikleben und den medizinischen Alltag genau kennt, entdeckt mit einem professionalisierten Blick unter Umständen weitere Sparpotentiale.
Vor- und Nachteile eines Berufswechsels
Wer als Arzt tätig ist, genießt häufig ein hohes Ansehen. Von diesem Prestige werden sich die Mediziner nach ihrem Berufswechsel in den meisten Fällen verabschieden müssen. Dafür können sie sich in vielen Fällen auf geregelte Arbeitszeiten, weniger Überstunden und eine Anstellung ohne Schichtarbeit freuen. Überraschenderweise liegt auch das Einkommen der Ärzte längst nicht so hoch wie häufig angenommen.
Im Zuge der Aufhebung des Bundesangestelltentarifs (BAT) im Jahr 2005 mussten sich neu eingestellte Ärzte bereits mit deutlich weniger Gehalt auskommen als ihre nach BAT bezahlten Vorgänger. Auch im Vergleich zu anderen Berufsgruppen unterliegen Ärzte. Ebenfalls hoch qualifizierte Ingenieure erzielen schnell ein bis zu doppelt so hohes Bruttoeinkommen.
Wer sich als Arzt für einen Berufswechsel entscheidet, tut dies aus sehr individuellen Gründen. Mit der Aufhebung des BAT sind für viele angestellte Mediziner auch die Aufstiegschancen unberechenbarer geworden. Aus großen Plänen mit spannender Forschung und verantwortungsvollen Posten wird so schnell eine dauerhafte Notlösung mit über 60 Arbeitsstunden pro Woche und vergleichsweise geringer Bezahlung. Ein Wechsel aus solch einer Situation kann schließlich nur Vorteile mit sich bringen.
Erste Stationen und Perspektiven
Zunächst ist es empfehlenswert, den eigenen Marktwert zu testen. Interessenten können sich jederzeit aus ungekündigter Anstellung heraus auf neue Positionen bewerben. Es kann sich dabei auch im einen ausgeschriebenen Job in der Verwaltung des bisherigen Arbeitgebers handeln. In einem zweiten Schritt können Bewerbungen an Pharmaunternehmen und Unternehmen aus der Branche der Medizintechnik gerichtet werden. In vielen Fällen haben Ärzte auch zuvor schon Kontakt mit unterschiedlichen Firmen und können Wechselperspektiven frühzeitig eruieren.
Übersehen wird hingegen häufig die Versicherungsbranche. Der erste Weg führt hier über eine Bewerbung beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen. Hat man hier erst einmal Erfahrungen gesammelt, steht der Wechsel in andere Positionen bei Krankenkassen oder Versicherungskonzernen offen. Auch weitere Interessenvertretungen wie Ärztekammern, Verbände der Arzneimittelhersteller, wissenschaftliche Fachgesellschaften und Gewerkschaften sind immer wieder auf der Suche nach Fachkräften, die ihre Branche bereits von mehreren Seiten kennengelernt haben.
Ein neues Studium, eine Ausbildung oder eine gezielte Weiterbildung als Alternative
Wer dem medizinischen Sektor den Rücken kehren will, wird um eine zweite Berufsausbildung nicht umhin kommen. Wer ein Medizinstudium abgeschlossen hat und bereits als Arzt tätig ist, wird in vielen Fällen jedoch bereits über 30 Jahre alt sein. Zu einem radikalen Wechsel gehört mit zunehmendem Alter auch mehr Mut. Dennoch spricht nichts gegen eine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz im Wunschberuf. Da Ärzte über einen Berufsabschluss verfügen, genügt in vielen Fällen auch eine zweijährige Umschulung.
Ein begonnenes Zweitstudium kann hingegen dazu dienen sich die Qualifikationen anzueignen, die für einen Berufswechsel nötig sind. Unter Umständen muss das zweite Studium dann nicht einmal zum Abschluss gebracht werden. Darüber hinaus empfehlen sich nebenberufliche Weiterbildungen. Die meisten Qualifikationen können über private Bildungsträger auch gezielt erlangt werden.
Für den Wechsel zum Traumjob ist es niemals zu spät, doch ein radikaler Schnitt ist nicht für jeden geeignet. Es ist empfehlenswert den Wechsel im Vorfeld zu planen, für finanzielle Sicherheit zu sorgen und für den Fall des Scheiterns dennoch eine Alternative zu haben.
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