Dürfen Umschüler Überstunden machen?

Überstunden bei Auszubildenden

Bei Auszubildenden ist die Gesetzeslage klar definiert. Überstunden sind in einer Ausbildung möglichst zu vermeiden, dies gilt insbesondere für minderjährige Auszubildende. Für sie gilt noch das Jugendarbeitsschutzgesetz. Nur in Notfällen und bei nicht aufschiebbaren Arbeiten dürfen minderjährige Auszubildende Überstunden machen, wenn ein erwachsener Arbeitnehmer gerade nicht dafür zur Verfügung steht. Für alle geleisteten Überstunden haben minderjährige Auszubildende zudem ein Recht auf Freizeitausgleich innerhalb von drei Wochen. In der Regel gilt für sie jedoch der Achtstundentag beziehungsweise die 40-Stunden-Woche (JArbSchG § 21).

Auch volljährige Auszubildende dürfen nicht regelmäßig mehr als 8 Stunden am Tag arbeiten, in Ausnahmefällen kann die Arbeitszeit jedoch vorübergehend auf 10 Stunden erhöht werden. Im Halbjahresmittel darf die durchschnittliche Arbeitszeit dadurch jedoch nicht über 8 Stunden pro Tag ansteigen. Volljährige Auszubildende können für geleistete Überstunden sowohl mit Freizeitausgleich als auch mit zusätzlicher Bezahlung entschädigt werden (BBiG § 17).

 

Besonderheiten bei Umschulungen

Im Gegensatz zur Erstausbildung sind bei einer Umschulung die gesetzlichen Regelungen in Bezug auf Überstunden nicht eindeutig geregelt. Da Umschüler in der Regel volljährig sind, finden die Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes hier keine Anwendung. In der Praxis werden Umschüler meist volljährigen Auszubildenden gleichgesetzt. Sie fallen somit unter die Regelung des Arbeitszeitgesetztes. Dieses kann hier eingesehen werden.

Daraus ergibt sich, dass Umschüler durchaus zu Überstunden herangezogen werden dürfen. Sie dürfen sogar samstags, in Ausnahmefällen auch sonntags oder feiertags arbeiten, wenn dafür entsprechende Ersatzruhetage gewährt werden. Theoretisch wäre durch Überstunden sogar eine 6-Tage-Woche mit 48 Arbeitsstunden denkbar. Allerdings wird die Arbeitszeit auch bei Umschülern durch die Tarifverträge der verschiedenen Branchen begrenzt. Die Regelungen können daher im individuellen Fall sehr unterschiedlich aussehen. Um die Zeit für das Lernen nicht zu beschränken, sollten bei einer Umschulung allerdings Überstunden bevorzugt in Form von Freizeitausgleich kompensiert werden.

Ob und in welchem Ausmaß Überstunden gefordert werden können, wird häufig auch schon aus dem Umschulungsvertrag ersichtlich. Dieser sollte daher vor Vertragsabschluss genau studiert und aufkommende Fragen rechtzeitig angesprochen werden.

 

Was ist nicht erlaubt?

Die Zeit, die in der Berufsschule verbracht wird, gilt übrigens ebenfalls als Arbeitszeit. Es ist nicht legitim, den durch Unterrichtszeit entstandenen Verlust an Arbeitszeit im Betrieb nacharbeiten zu lassen. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn sich Arbeit und Berufsschule zeitlich überschneiden. Findet die Berufsschule an arbeitsfreien Tagen oder in Form von Abendkursen statt, so hat der Umschüler das Nachsehen.

Es darf nicht vergessen werden, dass das oberste Ziel einer Umschulung die Vermittlung von Ausbildungsinhalten ist. Die immer wieder zu beobachtende Praxis, den Umschüler als preiswerte Arbeitskraft, womöglich sogar für Tätigkeiten, die mit der Umschulung in keinem direkten Bezug stehen, zu missbrauchen, steht diesem Ziel diametral entgegen.

Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Umschulungsbetrieb Sie unrechtmäßig zu Überstunden heranzieht und dadurch womöglich sogar das Umschulungsziel an sich gefährdet wird, etwa weil die nötige Zeit zum Lernen fehlt, dann sollten Sie sich zunächst an die zuständige Industrie- und Handelskammer beziehungsweise Handwerkskammer oder eine verantwortliche Gewerkschaft wenden. Im äußersten Fall kann auch ein Anwalt weiterhelfen. In jedem Fall ist es nützlich, alle geleisteten Überstunden zu dokumentieren, am besten mit Arbeitszeitnachweisen vom Arbeitgeber.

Christian Krumes

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