Umschulung wegen Krankheit oder Erwerbsminderung

Umschulung wegen Berufsunfähigkeit
Wer aus gesundheitlichen Gründen den bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, bekommt von unterschiedlichen Stelle Unterstützung bei der Neuorientierung.

Wer seinen gelernten und womöglich viele Jahre lang ausgeübten Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiter ausüben kann, steht meist einer Vielzahl von Problemen gegenüber: Wie kann die Genesung oder zumindest Verbesserung des Gesundheitszustandes erreicht werde? Verliere ich wegen Krankheit meinen Job? Kann ich bei Berufsunfähigkeit oder teilweise Erwerbsminderung eine Umschulung machen? Und bekommt man den Berufswechsel von der Rentenversicherung finanziert?

Arbeitsunfähigkeit ist eine sehr belastende Situation und Arbeitnehmer fühlen sich hier leider schnell allein gelassen. Die eigene Arbeitskraft ist Garant für Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von staatlichen Leistungen. Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen vorab, welche Regelungen gelten, wenn Sie wegen Krankheit eine Umschulung benötigen. Für die konkreten Details zu Ihrer individuellen Situation besprechen Sie idealerweise mit Ihrem Reha-Berater bei der Deutschen Rentenversicherung oder stellen uns eine Anfrage unter diesem Beitrag.

 

Was ist der Unterschied zwischen Berufsunfähigkeit und Erwerbsminderung?

Der maßgebliche Unterschied liegt in der großzügigeren Ausgestaltung der Regelungen zur Berufsunfähigkeit im Vergleich zur Erwerbsminderung. Berufsunfähig sind Arbeitnehmer, die aus gesundheitlichen Gründen weder im erlernten noch in einem zumutbaren Beruf halb soviel leisten und verdienen können, wie andere Berufstätige mit ähnlicher Ausbildung, gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten. Wer berufsunfähig ist, muss keinen anderen Beruf ergreifen (zum Beispiel über eine Umschulung), sondern hat Anspruch auf eine BU-Rente, soweit man nicht im gelernten Beruf arbeiten kann.

Ob Sie berufsunfähig sein können, ist jedoch aufgrund einer Änderung der Gesetzeslage eine reine Frage Ihres Geburtsdatums: Im Jahre 2001 wurde die Berufsunfähigkeit neu geregelt und durch die Regelungen zur Erwerbsminderung ersetzt. Als Stichtag wurde der 2.1.1961 festgelegt: Wenn Sie nach diesem Datum geboren sind, werden auf Sie nur noch die neuen Regeln über die Erwerbsminderung angewendet. Sie können also nicht mehr „berufsunfähig sein bzw. werden“. Wenn Ihr Geburtstag vor dem Stichtag liegt, dann stehen Ihnen weiter die Ansprüche nach der alten Rechtslage zu.

Wichtig: Von Berufsunfähigkeit spricht mach aber auch, wenn es um den Leistungsfall bei einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung geht.

 

Unterschied vollständige und teilweise Erwerbsminderung

Erwerbsminderung im vollen Umfang wird definiert als Fähigkeit eines Arbeitnehmers wegen Behinderung oder Krankheit pro Tag nur maximal drei Stunden beruflich tätig zu sein. Eine teilweise Erwerbsminderung liegt vor, wenn ein Beschäftigter trotz Krankheit wenigstens drei Stunden täglich, nicht jedoch länger als sechs Stunden arbeiten kann. Bei einer Erwerbsminderung geht man davon aus, dass der Beschäftigte gar nicht arbeiten kann. Bei einer teilweisen Erwerbsminderung bietet sich eine Teilzeitarbeit an.

 

Was gilt, wenn ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen habe?

Wenn Sie privat vorgesorgt haben und eine private Berufsunfähigkeitsversicherung besitzen, dann befinden Sie sich wiederum in einer anderen Konstellation. Wenn Sie nicht mehr in Ihrem Beruf arbeite können, entscheiden nun die Versicherungsbedingungen der privaten Versicherung darüber, welche Leistungen Sie bekommen. Auch die Frage eines Berufsschutzes wird in den Vertragsbedingungen geregelt sein. So ist es möglich, dass Sie alternativ zu Arbeitsamt oder Rentenversicherung über Ihre private BU-Versicherung eine Umschulung für einen Berufswechsel finanziert bekommen.

 

Kann man wegen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit eine Umschulung machen?

Ja, gesundheitliche Probleme, gleich ob körperlicher oder psychischer Natur, sind der häufigste Grund für eine geförderte, verkürzte Ausbildung. Leider sind nicht wenige Arbeitnehmer, aber auch Selbstständige, im Laufe ihres Arbeitslebens von einer Krankheit betroffen, die eine Berufswechsel erforderlich macht. Für die Finanzierung einer Umschulung wegen Krankheit ist die Rentenversicherung zuständig, sobald Sie auf 15 Beitragsjahre kommen. Ist diese Anwartschaftszeit noch nicht erfüllt, dann kann der gesundheitlich erforderliche Berufswechsel auch über die Agentur für Arbeit ermöglicht werden. Wem kein Anspruch auf ALG1 zusteht, für den ist das Jobcenter die richtige Anlaufstelle.

 

Wer zahlt mir eine Umschulung wegen einer Berufskrankheit?

Wenn Sie eine anerkannte Berufskrankheit haben oder aufgrund eines Arbeitsunfalls nicht mehr in Ihrem Beruf arbeiten können, dann ist die Arbeitsagentur bzw. Rentenversicherung nur nachrangig für Sie zuständig. Bei einer Krankheit, die auf die Ausübung eines bestimmten Berufs und die damit verbundenen Gefahren zurückgeführt wird, ist die Berufsgenossenschaft vorrangig für die Finanzierung der Umschulung zuständig.

Bevor die Berufsgenossenschaft die Umschulung bewilligt, ist zunächst die Anerkennung der Erkrankung als Berufskrankheit erforderlich. Bei Arbeitsunfällen ist das Prozedere meist unkomplizierter, da es weniger Möglichkeiten gibt, die Krankheit als nicht berufsbedingt einzustufen.

 

Wann zahlt mir die Rentenversicherung eine Umschulung wegen Krankheit?

Die Rentenversicherung ist für Ihren gesundheitsbedingten Berufswechsel zuständig, wenn Sie wenigstens 15 Jahre Beiträge zur gesetzlichen Versicherung geleistet haben. Keine Frist gilt jedoch bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten. Ist dies nicht der Fall, dann müssen Umschulungen wegen Arbeitsunfähigkeit bei der Agentur für Arbeit beantragt werden. Bei der Beantragung gibt es keine wesentlichen Unterschiede. Die körperlichen Einschränkungen und Gesundheitsprobleme, die eine berufliche Neuorientierung erforderlich machen, müssen durch aussagekräftige, ärztliche Atteste nachgewiesen werden.

 

Kann man bei teilweiser Erwerbsminderungsrente eine Umschulung machen?

Ja, wenn Sie eine teilweise Erwerbminderungsrente beziehen, können Sie auch einen Berufswechsel über eine Umschulung beantragen. Die Bewilligung der Erwerbsminderungsrente kann sogar Voraussetzung für die Genehmigung einer Umschulung sein. Hinsichtlich des Ablaufs der Umschulung ergeben sich keine weiteren Unterschiede.

 

Schließt eine Umschulung den Anspruch auf (teilweise) Erwerbsminderungsrente aus?

Das kommt darauf an. Und der Regel werden Sie eine Umschulungsberuf ergreifen, der es Ihnen möglich macht trotz Ihrer Krankheit oder Behinderung wieder so am Arbeitsleben teilzunehmen, dass keine wenigstens teilweise Erwerbsminderung mehr vorliegt. Es kann hierbei aber auch Konstellationen geben, in denen eine Umschulung den Arbeitnehmer von vollständiger zu einer nur teilweisen Erwerbsminderung verhilft. In dieser Situation kann ein Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente auch nach der Umschulung weiter bestehen.

 

Hat man während der Umschulung weiter den Anspruch auf die Berufsunfähigkeitsrente?

Wenn Sie eine private Versicherung gegen Berufsunfähigkeit haben, dann wandelt sich während der Umschulung der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente in einen Anspruch auf Finanzierung der Umschulung.

 

Hat man nach der Umschulung noch einen Anspruch auf die BU-Rente?

Nein, der Zahlungsanspruch auf eine BU-Rente, gleich ob von einer privaten Versicherung als auch von der Rentenversicherung besteht in der Regel nicht mehr, wenn Sie eine Umschulung absolviert haben. Dieses Ergebnis ist in der Natur des Anspruchs begründet: Wenn Sie in Ihrem neuen Beruf voll erwerbsfähig sind, dann können nicht gleichzeitig die Voraussetzungen einer Rente wegen einer Berufsunfähigkeit in Ihrem ursprünglichen Beruf bestehen. Der sogenannte „Berufsschutz“ für alle vor 1961 Geborenen erlischt, wenn Sie sich beruflich neu orientiert haben. Sollten Sie jedoch auch in dem Umschulungsberuf wegen Krankheit berufsunfähig werden, entsteht der Anspruch auf die Berufsunfähigkeitsrente neu.

Auch Berechtigte aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung haben in der Regel nach Abschluss der Umschulung keine Ansprüche mehr. In mehreren Gerichtsentscheidungen wurde bestätigt, dass zum Beispiel durch den Berufswechsel weggefallenes Sozialprestige oder eine positive Lohnentwicklung im früheren Beruf keine Ansprüche gegen die BU-Versicherung bedeuten.

 

 

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