Wege aus dem Bürgergeld: Umschulungen für Arbeitslose

Umschulung statt Arbeitslosigkeit
Arbeitslose können mit dem Arbeitslosengeld des Jobcenters innerhalb von 2 Jahren einen neuen Beruf erlernen und so ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt grundlegend verbessern.

Umschulungen sind zeitlich verkürzte Berufsausbildungen, die das Jobcenter für bestimmte Personengruppen finanziell fördert. Mit an erster Stelle stehen hier Arbeitslose, die nach langer Joblosigkeit nicht mehr für die aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarkts ausreichend qualifiziert sind. Doch nicht nur Umschulungen, sondern auch eine kürzere Weiterbildung kann der richtige Weg sein, um während der Arbeitslosigkeit wichtige Schritte in die richtige Richtung einzuläuten.

In diesem Artikel erfahren Sie alles zum Ablauf einer über das Jobcenter finanzierten Umschulung ab, wieviel Arbeitslosengeld Sie während der Maßnahme bekommen und was Sie tun müssen, um die verkürzte Ausbildung bewilligt zu bekommen. Wenn Sie über eine Umschulung während Arbeitslosengeld 1 nachdenken, dann erfahren Sie alles relevante hier: Umschulung mit ALG1

 

Kann man bei Arbeitslosigkeit eine Umschulung machen?

Ja, Menschen die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, werden in der gesetzlichen Regelung des § 81 SGB III ausdrücklich genannt. Dabei sind Umschulungen über das Jobcenter nicht nur für Langzeitarbeitslose eine interessante Option, sondern stehen auch folgenden Personengruppen offen:

  • Arbeitssuchende
  • Arbeitslose unter einem Jahr ohne ALG1-Anspruch
  • Bürgergeld-Empfänger
  • Arbeitnehmern, die von drohender Arbeitslosigkeit mittelfristig betroffen sein werden

 

Umschulung statt Arbeitslosigkeit

Wer über einen längeren Zeitraum keine Arbeit finden kann, der wird ab einem gewissen Zeitpunkt auch keine Anstellung finden können, gleich wieviele Bewerbungen geschrieben werden. Nach dem Dritten Sozialgesetzbuch sind Bildungsmaßnahmen notwendig, um Antragsteller „bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern“. Die Regelung des § 81 Abs. 2 S. 1 SGB III geht davon aus, dass Arbeitslose, die mehr als vier Jahre nicht in ihrem gelernten Beruf gearbeitet haben, diesen auch „voraussichtlich nicht mehr ausüben können“. Somit besteht dann der Bedarf einer Bildungsmaßnahme wie eine Fortbildung oder eine Umschulung bei Arbeitslosigkeit.

 

Kann auch eine Weiterbildung reichen?

Meist sind Fortbildungen für Arbeitslose nicht ideal. Weiterbildungen sind zeitlich auf einige Monate begrenzt und sollen eine bestimmte Fähigkeit stärken oder aufbauen, die einem ansonsten bereits gut qualifizierten Arbeitnehmer noch fehlt. Es ist also ein fehlendes Puzzelteil in einem ansonsten vollständigen Bild. Eine Umschulung hingegen qualifiziert Sie innerhalb von 24 Monaten (Regelzeit in Vollzeit) für einen neuen Beruf und dies häufig unabhängig von Ihrer Vorausbildung. Je nachdem wie lange Sie bereits arbeitslos sind, ist bei Personen, die bereits lange ohne Arbeit sind, eine Fortbildung nicht zielführend. Aus diesem Grund sind Umschulungen gerade für Arbeitslose geeignet, die länger schon ohne feste Anstellung sind. In der Regel hat sich mit der verstrichenen Zeit die Situation auf dem Arbeitsmarkt für arbeitslose Bewerber eher  weiter verschlechtert und ein beruflicher Neuanfang bringt ihnen bessere Chancen.

 

Ist das Jobcenter oder die Agentur für Arbeit zuständig?

Wird eine Umschulung mit Arbeitslosengeld finanziert, dann ist die Arbeitsagentur nur richtiger Ansprechpartner, wenn Sie noch ALG1 beziehen. Für Bürgergeld-Empfänger, die umschulen möchten, ändern sich nichts: Das Jobcenter entscheidet auch über den Antrag für einen Bildungsgutschein, mit dem dann die Kosten der verkürzten Ausbildung finanziert werden. Wenn Sie zur noch berufstätig sind, jedoch Ihnen Arbeitslosigkeit droht, dann ist das Jobcenter für Sie die richtige Adresse, wenn Ihnen kein Anspruch auf ALG1 zusteht.

 

Welche Voraussetzungen müssen Arbeitslose für eine Umschulung über das Jobcenter erfüllen?

Die Anforderungen sind grundsätzlich dieselben, unabhängig davon, ob die Umschulung mit Arbeitslosengeld 1 oder 2 finanziert wird:

  • Bestehender Förderungsbedarf im Sinne des SGB III (zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit)
  • Verpflichtendes Beratungsgespräch beim Jobcenter mit Antragstellung
  • Meist Voraussetzung: erste abgeschlossene Berufsausbildung
  • Manchmal Bedingung: Bestimmte Vorkenntnisse und Berufserfahrung bei einigen Umschulungsberufen
  • Teilweise erforderlich: Eignungstest ablegen und bestehen

 

Ob Sie die Kriterien erfüllen, können Sie selbst herausfinden, indem Sie sich über die Anforderungen einzelnen Umschulungsberufe informieren. Eine Liste denkbarer Umschulungen finden Sie hier: Welche Umschulungen gibt es? Nach der Wahl eines Umschulungsanbieters sollten Sie überprüfen, dass dort die gleichen Anforderungen gestellt werden.

 

Wie findet man den richtigen Beruf für den Neuanfang?

Die Frage nach dem passenden Beruf ist sicherlich der schwierigste Punkt, sollte man nicht schon seit längerer Zeit einen Wunschjob im Kopf haben. Insbesondere bei Langzeitarbeitslosigkeit ist es wichtig, dass Sie sich bewusst sind, was auf Sie im Berufsalltag zu kommt. Zur Inspiration möglicher Umschulungsberufe über das Jobcenter, finden Sie hier eine Liste: Umschulungsberufe in Deutschland. Lesen Sie sich möglichst viele Informationen zu den Ausbildungen an, die Sie sich für Ihren weiteren Berufsweg vorstellen könnten. Zusätzlich sollten Sie sich Gedanken machen, ob Sie die Umschulung schulisch, betrieblich oder als Mischform machen möchten. Nicht immer besteht allerdings eine Wahlmöglichkeit.

 

Welchen Herausforderungen müssen Sie sich bei einer Umschulung nach langer Arbeitslosigkeit stellen?

Umschulungen sind ein bisschen wie Schule: Als Erwachsener müssen Sie sich an Anwesenheitspflicht gewöhnen, Sie müssen die Prüfungen auf dem Schirm haben und fünf Tage die Woche zuverlässig Ihre Aufgaben im Betrieb erledigen. Es gibt keine bestimmten Umschulungsberufe, die sich für Arbeitslose besonderes eignen. Bei der Wahl des neuen Berufs sind diese Fragen hilfreich:

  • Interessiere ich mich für den Berufsalltag und kann ich nach der Umschulung langfristig die Tätigkeiten ausüben?
  • Besteht nach dem neuen Beruf eine ausreichende Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, so dass ich davon ausgehen darf, langfristig eine neue Anstellung zu erhalten?
  • Ist die Berufsausbildung oder Arbeitsalltag für mich weder unangenehm überfordernd noch unterfordernd?
  • Gibt es körperliche Einschränkungen, die gegen einen bestimmten Beruf sprechen?
  • Erfülle ich die formalen Zugangsvoraussetzungen zu dem Beruf? Zum Beispiel reicht die Berufsreife bzw. der Hauptschulabschluss nicht immer aus.

 

Wie läuft eine Umschulung wegen Arbeitslosigkeit konkret ab?

Der Ablauf einer Umschulung variiert, je nachdem, in welcher Form Sie die Umschulung absolvieren. Aus diesem Grund sind hier nur allgemeine Aussagen möglich:

  1. Überlegen Sie, welcher Umschulungsberuf zu Ihren Interessen passt.
  2. Recherchieren Sie, wo Sie die konkrete Umschulung machen könnten. Lassen Sie sich Informationsmaterial zuschicken, wenn möglich. Wichtig: Unterschreiben Sie noch keinen Vertrag.
  3. Vereinbaren Sie ein Beratungsgespräch beim Jobcenter. Dieser Schritt ist zwingend vor dem Beginn einer Umschulung erforderlich, denn andernfalls können Sie die Ausbildungskosten nicht mehr mit einem Bildungsgutschein finanzieren.
  4. Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor: Im Vordergrund steht weniger Ihre Beratung, als viel mehr Ihre Überzeugungsarbeit: Überzeugen Sie den Sachbearbeiter, dass ein konkreter Umschulungsberuf zu Ihren Fähigkeiten, Vorausbildung und Interessen passt und Ihr Weg aus der Arbeitslosigkeit sein wird.
  5. Wenn Sie den Bildungsgutschein vom Jobcenter erhalten haben, dann wird dieser an die Umschulungsstätte weitergegeben.
  6. Den Beginn der Umschulung legt der Umschulungsanbieter fest. Der Bildungsgutschein muss innerhalb von 3 Monaten nach Ausstellung eingelöst werden. Passiert dies nicht, dann muss der Gutschein neu ausgestellt, nicht aber nochmals beantragt werden.
  7. Die schulische Umschulung beginnt meist mit Einführungsveranstaltungen, bei einer betrieblichen Umschulung lernen Sie zunächst das Unternehmen kennen. Sie werden einen Ausbildungsplan oder andere Übersicht erhalten, die Ihnen zeigt, welche praktischen und theoretischen Fähigkeiten und Kenntnisse Sie in den nächsten zwei Jahren vermittelt bekommen werden. Ebenso erfahren Sie grob die Zeiträume für die Zwischen- und Abschlussprüfungen.

Hier erfahren Sie alles, was man sonst über Umschulungen wissen sollte und Ihnen Ungemach im Nachgang ersparen kann.

 

Wieviel Geld bekommt man während der Umschulung?

Wird eine Umschulung vom Jobcenter gefördert, dann erhält der Arbeitslose während der Zeit der Maßnahme das monatlicheArbeitslosengeld ausgehend von der Regelleistung, § 20 SGB II. Daneben sind Zuschüsse möglich. Das Einkommen während der Umschulung mit Bürgergeld sieht wie folgt aus:

  • individuelle Bürgergeld-Leistung (Regelsatz 432 Euro für Single ohne Kinder )
  • optionales Gehalt bei betrieblicher Umschulung (ggf. Anrechnung)
  • Zuschuss zu den Fahrkosten über den Bildungsgutschein
  • Zuschuss zu den Kinderbetreuungskosten für eigene Kindern (130 Euro)

 

Manche  der Kosten, die über den Bildungsgutschein abgedeckt werden können, werden teilweise nicht direkt an den Umschüler ausbezahlt, sondern direkt an den Leistungserbringer:

  • Kosten der Umschulung (zum Beispiel Schulgeld)
  • Prüfungsgebühren

 

Umschulung mit Bürgergeld – Gibt es ein Gehalt vom Betrieb?

Ja, ein zusätzliches Einkommen ist möglich und hängt letztlich nur von dem Umschulungsbetrieb ab. Bei einer schulischen Umschulung ist ein Gehalt hingegen ausgeschlossen. Wird Ihnen bei einer betrieblichen Umschulung ein Bonus gezahlt, dann wird das Einkommen jedoch nach den allgemeinen Regeln des § 11b Abs. 3 SGB II auf das Bürgergeld angerechnet. Im Grundsatz sind die ersten 100 Euro im Monat abzugsfrei, der darüberhinaus gehende Betrag ist zu 20 Prozent anrechnungsfrei.

Keine Anrechnung hingegen findet statt bei der Erfolgsprämie: Wenn Sie die Abschlussprüfung oder eine verpflichtende Zwischenprüfung einer Umschulung während der Arbeitslosigkeit bestanden haben, dann können Sie mit dem Prüfungszeugnis beim Jobcenter eine Motivationsprämie beantragen:

 

Wieviel Mehrbedarf kann man beantragen, wenn die Umschulung mit Bürgergeld finanziert wird?

Die schlechte Nachricht ist, dass es keinen Anspruch auf allgemeinen Mehrbedarf aufgrund der Umschulung gibt. Die Fälle, in denen Mehrbedarf beantragt werden kann, sind auf § 21 SGB II begrenzt. Etwa anderes gilt für zusätzliche Leistungen wie Fahrgeld oder Zuschüsse zu Arbeitsmaterialien, die der Arbeitslose für die verkürzte Ausbildung benötigt.

 

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